NACHBARSCHAFTSKONFLIKTE AUS SICHT EINER HAUSVERWALTUNG

Eine viel diskutierte Frage lautet: Ist die Hausverwaltung für einen wohnungsbezogenen Konflikt unter NachbarInnen zuständig? Wenn es um die Verantwortung von Nachbarschaftskonflikten für eine Hausverwaltung geht, gibt es zumeist zwei konträre Antworten: Für die einen gilt, dass Hausverwaltungen für die alltäglichen Konflikte des Zusammenlebens zuständig sind, für die anderen, dass es nicht Teil ihres Aufgabenfeldes sei. Gerade die betroffenen BewohnerInnen wissen daher oft nicht, woran sie sind und werden von einer Institution zur anderen geschickt, ohne dass das Problem gelöst werden könnte.

Das Servicebüro zusammen>wohnen< versteht sich als Schnittstelle zwischen gemeinnützigen Hausverwaltungen und anderen wohnnahen Organisationen und unterstützt die Zusammenarbeit neben regelmäßigen Netzwerktreffen über Information und Aufklärung.

Grundsätzliches

Für die obengestellte Frage sind fünf Gesetze maßgeblich (ABGB, MRG, WGG, WEG und KSchG), dazu noch einige Verordnungen (wie die Entgeltrichtlinien-Verordnung oder Geschäftsgebarens-Verordnung der Gemeinnützigen). Zusätzlich muss zur Betrachtung zwischen den Funktionen einer Hausverwaltung und einer/einer VermieterIn geachtet werden. Maßgeblich ist auch der Unterschied zwischen einem Miet- und einem Eigentumsobjekt.

Nachbarschaftliche Konflikte sind alltäglich und können die unterschiedlichsten Ursachen haben. Eine Übersicht würde vom Vorhaben, für alle Konfliktsituationen eine rechtliche Beurteilung zu liefern, überfrachtet. Dieses Papier versucht daher, ein Grundproblem bei der Betrachtung der Frage aufzuzeigen und gängige Missverständnisse zu aufzuklären.

Warum gemeinnützige Hausverwaltungen nichts mit sozialen Konflikten zu tun haben.

Laut WGG (Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz) muss eine gemeinnützige Bauvereinigung wirtschaftlich, sparsam und zweckgerichtet arbeiten, was (ebenfalls gesetzlich verankert) vom Revisionsverband jährlich überprüft wird. Der Entgeltrichtlinienverordnung des Bundesministers für Wirtschaft folgend darf eine gemeinnützige Bauvereinigung das Entgelt zwar als Pauschale einheben, ist dabei aber an das Aufgabengebiet der ordentlichen Verwaltung gebunden (außerordentlich wäre zB eine Sanierung, für die ein eigenes Entgelt eingehoben werden kann). Dieser Tätigkeitsbereich der ordentlichen Verwaltung umfasst kein Konfliktmanagement. Diese Tatsache wird herangezogen, um zu argumentieren, warum eine Bauvereinigung nichts mit sozialen Konflikten zu tun hat. Im Eigentumsbereich werden Konflikte zusätzlich als privatrechtliche Angelegenheit zwischen den EigentümerInnen gesehen.

Warum das im Eigentumsbereich schwierig ist?

Im Eigentumsbereich wird es bei Themen heikel, bei denen für eine Hausverwaltung eine Hinweispflicht besteht. Beispielsweise erfährt sie von einer Partei, dass eine andere einen Schrank im Vorhaus aufgebaut hat und die Fluchtwege nun eingeschränkt sind. Sie muss die verursachende Partei auf das Gesetz hinweisen (und damit auf die Entfernung der Gegenstände). Aus der Erfahrung werden diese berechtigten Anliegen häufig als Eingriff in die Privatsphäre gedeutet, was nicht selten zu einer Gegenreaktion führt. Nichtsdestotrotz ist dieser Fall aus Sicht der Hausverwaltung leichter abzugrenzen, auch weil die Rolle des Verwaltungszuständigen viel klarer ist: Die Bauvereinigung ist von einer Eigentumsgemeinschaft „nur“ mit der Verwaltung beauftragt.

Und wo es wirklich kompliziert wird?

Das ist sehr viel schwieriger bei Mietobjekten, weil gemeinnützige Hausverwaltungen hier zwei Rollen in sich vereinen: sie sind VermieterInnen (stellvertretend stehen sie für die VertragspartnerInnen der MieterInnen ein) und sie sind VerwalterInnen (haben rechtlich bindende Aufgaben das Objekt betreffend). Als VermieterIn hat man die Aufgabe, den MieterInnen ein störungsfreies Wohnen zu ermöglichen (einen bedungenen Gebrauch, wie es im ABGB §1096 heißt und nicht nur für technische Einrichtungen des Objekts gilt), als VerwalterIn ist es die Aufgabe, die Interessen der MieterInnen zu achten, das Haus instandzuhalten und ordnungsgemäß abzurechnen. Diese Aufgaben machen eine Abgrenzung schwierig, was für die eine Rolle nicht gilt, ist für die andere bedeutsam.

Nehmen wir eine Lärmbeschwerde. Eine Verwaltung handelt gesetzlich korrekt, wenn sie lediglich die Hinweispflicht wahrnimmt. Eine/n VermieterIn hat gegenüber der beschwerdeführenden Partei hingegen andere gesetzliche Verpflichtungen. Wird diese Verpflichtungen nicht nachgekommen, kann das zu einer Mietzinsreduktion führen. Hier ist der oben erwähnte §1096 ABGB wichtig. Eine Mietpartei kann zwar nicht argumentieren, dass es die Aufgabe der/des VermieterIn, sei die NachbarInnen ruhig zu halten, sie kann aber eine Mietzinsminderung begehren, wenn das störende Verhalten der NachbarInnen nicht abgestellt werden kann.

Noch deutlicher wird es, wenn diese Punkte auch noch in der Hausordnung festgeschrieben sind. Sie ist ein Vertragsbestandteil und kann von NachbarInnen, die ebenfalls diese Hausordnung unterschrieben haben und sich gestört fühlen, eingefordert werden – wieder über das Argument der Mietzinsminderung oder über die Hinweispflicht. Diese Fälle gab es in der Vergangenheit immer wieder.

Was es noch nicht gab, aber möglicherweise bald ausjudiziert werden muss, ist folgendes: Es gibt die Rechtsmeinung (Kommentar von Rebhan zum Gleichbehandlungsgesetz), dass eine Hausverwaltung eine Schlichtung anbieten muss, wenn sie von einem diskriminierenden Fall in ihren Mietobjekten erfährt. Dies würde sich aus dem Gleichbehandlungsgesetz über eine Drittwirkung im Verhältnis DienstleistungsgeberIn und -nehmerIn ergeben. Bisher gibt es dazu keine Rechtsprechung.

Das heißt?

Die Gefahr für eine Bauvereinigung in einen Konflikt hineingezogen zu werden ist groß, ob sie das nun möchte oder nicht. Das Gefühl, sich gestört zu fühlen, die Hausordnung, der Einzugsbereich gesetzlicher Hinweispflichten – fast in jedem Konflikt lassen sich Punkte finden, um einer solchen Argumentation folgen zu können.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Meinung, eine Verwaltung, die gleichzeitig eine VermieterInnenvertretung ist, eine rechtliche Verpflichtung hätte, die störende Handlung abzustellen, nicht unberechtigt ist, solange es sich um eine Störung des eigenen Wohnens handelt und nicht ortsüblich ist. Auch sind die Entscheidungen höchst unterschiedlich, weil es sich hierbei stets um eine Einzelfalljudikatur handelt. Abhängig von Ortsüblichkeit, Vorgeschichte und der rechtssprechenden Person ist ein Ausgang oft schwer vorherzusehen. Zusätzlich sind in der Praxis die Sanktionsmöglichkeiten seitens einer Hausverwaltung nur sehr eingeschränkt, wodurch ein rechtliches Vakuum entsteht.

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